Das Ende der Konsumgesellschaft

Martin Recke, Corporate Editor bei SinnerSchrader, hat bei wuv.de ein Essay über digitale Innovation und digitales Marketing veröffentlicht. Im Rahmen eines Specials zu Parallelwelten sagt er voraus, dass „die Konsumgesellschaft endet, und mit ihr die Regeln, auf denen sie beruhte“.

Eingangs bezeichnet er Innovation als „Wette auf zukünftiges Nutzerverhalten“. Aufgrund des damit verbundenen Risikos scheiterten die meisten Innovationsversuche. Es werde keine Brücke in die Zukunft geschlagen. Bezogen auf unsere heutige Situation sieht er die Menschheit noch gefangen im Industriezeitalter. Weltsicht, Werte, Strukturen und Prozesse seien noch „zutiefst geprägt von 500 Jahren Moderne, 250 Jahren industrieller Revolution und 100 Jahren Massenproduktion, -konsum und -kommunikation“.

wuv LogoDieses Modell habe nie gekannten Wohlstand beschert, doch es werde aktuell durch etwas Neues ersetzt. Zwar würde weiterhin massenhaft produziert, konsumiert und kommuniziert. Doch neue Wertschöpfung entstehe künftig woanders. Er vergleicht den epochalen Umbruch mit der industriellen Revolution. Davor wurde die Bruttowertschöpfung ganz überwiegend durch die Landwirtschaft erbracht. Heute mache sie nicht einmal mehr ein Prozent des BIP aus und dennoch müsse hierzulande niemand hungern.

Das Paradigma der Massenproduktion sei nun jedoch ausgereizt. Dabei geht es nicht etwa um die fehlende Nachhaltigkeit der Entwicklung, sondern:

„Innovation und Wachstum – also neue, bis dato unbekannte Wertschöpfung – lassen sich damit tendenziell nicht mehr erzielen. Das Spiel um Effizienz und Kosteneinsparungen ist vorbei. Künftig geht es wieder um das Produkt, und das heißt um Marketing und Innovation. Und neue Geschäftsmodelle.“

Um jedoch in den Bereichen Marketing und Innovation Effizienz und Kostensenkung zu erzielen, sei ein anderer Ansatz erforderlich. Marketing und Innovation müssten digital transformiert werden, ist Martin Recke überzeugt. Digitale Innovation und digitales Marketing seien getrieben von der Nutzererfahrung und nicht in erster Linie technologiegetrieben. es für ein Missverständnis, dass die digitale Transformation sei. Einem klassischen Ausspruch von Steve Jobs zufolge müsse von der Nutzererfahrung ausgehend rückwärts bis zur Technologie gearbeitet werden. Die Technologie sei wichtig, aber nicht der Ausgangspunkt. Recke schreibt:

„Erfolgreiche Innovation im digitalen Zeitalter schafft systemisch Wert. Das griffigste Beispiel dafür sind die wohlbekannten Netzwerkeffekte: Gemäß Metcalfe’s Law wächst der Wert eines Netzwerkes mit dem Quadrat der Anzahl seiner Nutzer.“

Dazu fordert der Autor „einen unermüdlichen Fokus auf den Nutzer und seine wahren Probleme, Bedürfnisse und Wünsche“. Das neue benötigte Modell für Marketing, das „dynamisch und eng mit der Produktentwicklung verbunden sein“ müsse, gebe es aber noch nicht. Dabei betrachtet er es als „größtes Risiko“, dass Marketing und Innovation wie alle anderen Kosten treibenden Unternehmensfunktionen behandelt würden:

„Wenn wir sie wie Kosten behandeln, gehen beide den Bach runter. Bei Marketing und Innovation geht es in erster Linie um Qualität, nicht um Quantität. Unternehmen können ihre Marketingausgaben oder ihr F&E-Budget erhöhen, nur um noch schlechtere Ergebnisse als zuvor zu erzielen.“

Dazu führt er eine Zahl aus der Couchbase-Studie 2018 an, wonach nur 6 Prozent aller Transformationsbemühungen zu völlig revolutionären, in ihrer Branche einzigartigen Nutzererlebnissen führten, und fragt, was hingegen mit den anderen 94 Prozent passiere? Immerhin würden im Jahr 2019 weltweit 12,5 Billionen Dollar für die digitale Transformation ausgegeben.

Abschließend formuliert er griffig: „Marketing besitzt den Schlüssel zum Königreich“, denn Marketing sei mehr als Werbung und umfasse auch das Produkt, das ein anderer Name für Innovation sei. Daher sollte der Chief Marketing Officer auch einen Platz am Vorstandstisch haben. Auch wenn beim Marketing Geld verschwendet würde, sei es gut angelegt, da sonst erforderliche Lernprozesse nicht stattfänden. Kostensenkung und Effizienz würden nicht dabei helfen, großartige Nutzererlebnisse zu schaffen. Um die digitale Transformation voranzutreiben, eigne sich Marketing auch deshalb am besten, „da es aus Erfahrung weiß, wie man mit der jeder Kreativität innewohnenden Unsicherheit umgeht“.

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